Hallo liebe Leserschaft.
Bedingt durch unangenehme äußere Einflüsse mit etwas Verspätung, folgt hier die Fortsetzung der Kurzgeschichte "Spuren im Schnee" Da diese schon einige Wochen alt ist, kann es empfehlenswert sein diese noch mal kurz durchzulesen um die Motivation des Protagonisten in der Fortsetzung nachvollziehen zu können.
Die Sache weiter zu spinnen war zunächst nicht ganz einfach, da die ursprüngliche Story eigentlich abgeschlossen war, und es dabei primär um die Gelüste der Zweisamkeit in entsprechender Kleidung ging.
Zwischenzeitlich legten die hervorragenden Beiträge der erfreulich wachsenden Autorenschar die Messlatte für Stories wieder ein Stück höher. Da musste sich lycwolf schon ein bisschen anstrengen.
Ob das gelungen ist - urteilt selbst.
Wohl bekomm´s
BIS ANS ENDE DER WELT
Fetischstory von lycwolf
Sollte es wirklich so enden?, fragte er sich als ihn erneut eine Welle salzigen Meerwassers unter sich begrub. Verzweifelt hielt er sich an dem umlaufenden Strick des Schlauchboots fest. Sich samt seinen vollgesogenen Klamotten hoch zu ziehen wurde zunehmend schwerer. Nicht zuletzt da seine Muskeln im tiefen, kalten Wasser am Ende der großen Bucht immer schneller auskühlten.
Erneut beförderte eine klatschende Welle einen Schwall des widerwärtigen Salzwassers in seinen Mund, gerade als er Luft holen wollte. Der dadurch ausgelöste Hustenanfall schwächte ihn noch weiter. Immer häufiger geriet sein Kopf unter die aufgewühlte Wasserfläche.
Zwischen den einzelnen Wellenbergen sah er gerade noch, wie das große Schiff in der Ferne das Kap umrundete und auf das offene Meer zuhielt. Seinem Ziel so nah und urplötzlich doch so fern.
Er unternahm einen letzten, verzweifelten und ebenso erfolglosen Versuch wieder zurück in das Schlauchboot zu kommen. Aus seinen Fingern, die sich schmerzhaft um das raue, dünne Seil gekrallt hatten, wich jegliches Gefühl. Kälte und Erschöpfung machten ihm unmissverständlich klar, dass ihn gleich der Endpunkt einer saublöden, impulsgesteuerten Idee erwartete.
Die kräftigen Arme, die den beinahe Bewusstlosen am Kragen und unter der Schulter packten, glichen riesigen Hydraulikzangen. Er war also doch noch am Leben, denn er spürte die Härte einer Bordwand als sein Rücken darüber glitt.
"Lass alles raus, Kumpel", vernahm er als er sich postwendend übergab, sobald er auf den nassen Planken zum liegen kam. Noch während er verzweifelt versuchte wieder genügend Atemluft in seine Lungen zu bekommen, sah er schemenhaft durch den Schleier vor seinen Augen eine massige Gestalt, die sich von ihm entfernte.
Keine Ahnung wie lange er so da lag. Auf jeden Fall schreckte ihn eine Berührung an der Schulter auf.
"Na, geht doch schon wieder, was Mate?"
Er erschrak, denn er blickte in ein breites Gesicht mit furchteinflößenden Tattoos über der gesamten linken Hälfte.
"Dich hat´s ja ganz schön durchgeschüttelt, wie?" fragte der hünenhafte Maori, dessen jetzt breites Grinsen ihn umgehend freundlicher wirken ließ.
So langsam kämpften sich seine Sinne zurück in den üblichen Betriebszustand, doch seine Zunge hatte noch einige Schwierigkeiten mit dem englischen Artikulieren. "Das ... Boot. Ist es ...?", stammelte er.
"Ich hab´s geborgen. Ist vertäut am Heck. Webster´s Schlauchboot, nicht wahr? Ich erkenn´s an den gelben Streifen."
Jetzt wurde ihm vollends bewusst wo er war. Durch den, vorsichtig ausgedrückt, "schwierigen" regionalen Akzent verstand er oft nur die Hälfte, obwohl es Englisch war. Zum Glück hatte er ein wenig Vorbildung durch die Regiekommentare Peter Jacksons. Doch sehr weit kam er damit auch nicht.
"Ja", antwortete er. "Mr. Webster war so ... freundlich es mir ... auszuleihen."
"Wie ich ihn kenne zu einem Wuchertarif", ergänzte der kräftige Naturbursche.
Dies zauberte ein Grinsen auf ihrer beider Gesichter.
"Du hast verdammtes Glück, dass ich gerade von einem Gelegenheitsjob zurück kam", meinte der Maori ernster. Dabei versuchte er etwas langsamer und deutlicher zu reden, denn er hatte bemerkt dass er es hier mit einem Touristen zu tun hatte. "Normalerweise wäre ich jetzt weit draußen beim Fischen. Wie heißt du?"
"Stefan."
"Sela", antwortete der Andere und hielt ihm eine massige Pranke entgegen, welche er noch immer etwas kraftlos schüttelte.
"Hier, nimm ein Schluck", hielt er ihm den Becher einer Thermoskanne entgegen.
Das Gebräu roch komisch. Als Stefan daran nippte wurde ihm aber klar, dass es sich nicht wie vermutet um Kaffee handelte, sondern um eine echt belebende Fleischbrühe.
"Mann, das weckt die Lebensgeister", stellte er fest, war sich aber nicht sicher ob dieses Sprichwort hier auf der anderen Seite des Globus eine Entsprechung hatte. Das erneut breite Grinsen seines Gegenübers bestätigte jedoch dass es verstanden wurde.
"Na siehst du, alles halb so wild. Ich bring dich erst mal zu mir. Meine Frau kümmert sich um deine Klamotten und ich bring Webster sein Gummiboot zurück."
Aus der Führerkabine drang das charakteristische knacken und rauschen eines Funkgeräts an seine Ohren, während der Fischkutter die östliche Landspitze der Bucht ansteuerte. Verstehen konnte er kaum etwas, aber es mochte darum gehen ihn abzuholen..Die Luft war mild wie es für Frühsommer üblich ist. Kaum zu glauben, dass dort draußen das Wasser dermaßen kalt gewesen war. Stefan saß auf einem der zusammengelegten Fangnetze und fröstelte unter der Decke die ihm der Fischer geborgt hatte.
Von einer kleinen Ansammlung von Häusern ragte ein Anleger in die Bucht hinaus. Die Konstruktion aus Gitterrosten und Schwimmpontons war am Ende wie der Buchstabe "T" geformt. Dort wartete etwas schillernd buntes auf die Ankunft des Kutters.
"Joanie", rief der Maori-Hüne der wartenden Person zu, noch bevor sie angelandet waren. "Kümmer´ dich bitte um unseren Gast. Webster hat mal wieder ein Touri mit einem Spielzeugboot in die Strömung gelassen. Dem werd´ ich jetzt mal den Marsch blasen. Der Arme ist fast abgesoffen im Ditch."
Sela bremste den Fischkutter gerade so weit ab, dass Stefan umsteigen konnte. Dann tuckerte er sofort weiter zur anderen Seite der Bucht, wo der Vermieter des Schlauchboots seinen Anleger hatte.
"Bist du von der Lodge?", fragte die junge, wenngleich auch etwas mütterlich wirkende Frau als sie den Durchnässten in Empfang nahm.
Bei jedem seiner Schritte quatschte es in seinen Schuhen.
"Lodge?", fragte er.
"Die Helena-Bay-Lodge, dort drüben auf der anderen Seite. Es gibt immer wieder Urlauber die unsere Bucht unterschätzen. Sobald es aufs offene Meer rausgeht, fällt der Boden tief ab und es gibt starke Strömungen."
Die Frau sprach mehr zu sich selbst und zeterte "Diesem Webster müsste man mal das Handwerk legen. Immer wieder kassiert er ahnungslose Touristen ab und bringt sie in Lebensgefahr."
"Nein", antwortete Stefan auf die ursprüngliche Frage als sie auf der Veranda eines geräumigen Holzhauses angekommen waren. "Ich wohne nicht in der Lodge. Ich bin Backpacker."
"Und dein Rucksack liegt jetzt am Grunde der Bay?"
"Nein, glücklicherweise nicht." Stefan fasste sich erschrocken an die Gesäßtasche seiner Jeans. Realer Wetlook. Glückes Geschick - seine Brieftasche war noch da. Die Börse aus dünner Kunststoff-Folie sah zwar billig aus, aber es hatte schon mehrfach ihre Wasserdichtheit unter Beweis gestellt.
"Ich wohne in einem "Bed and Breakfast" südlich von hier. Dort habe ich auch meine Sachen." Dabei blickte er niedergeschlagen an sich herab. "Hilft mir im Moment nicht viel, was?"
"Erst müssen wir dich mal trocken legen." Mit diesen Worten führte ihn die Frau des Fischers in eine Waschküche.
"Zieh´ alles aus. Ich wasche deine Sachen durch und trockne sie. Da hinten ist eine Dusche. Handtücher liegen daneben."
Sie reichte ihm noch ein großes, graues Paket. "Wird dir wohl etwas zu groß sein, aber es hält dich warm."
Es war eine Jogginghose mit einen Kapuzenpulli. Dazu handgestrickte Wollsocken. Kein Wunder, befand er sich doch im Land der Schafe.
"Tut mir leid, dass ich solche Umstände mache", meinte er verlegen.
"Ach was", wiegelte sie ab. "Wenn jemand weiß wie man Kleidung trocken bekommt, dann ich", meinte sie voller Stolz. Und das sicher mit Recht, denn ihr Mann kam bestimmt regelmäßig nass nach Hause.
Erst jetzt merkte er wie erschöpft er war und wie sehr seine Hände und Arme schmerzten. Er war froh die durchweichten Sachen vom Leib zu bekommen. Dann aber zögerte er. Mist. Er hatte ja einen Badeanzug drunter. Egal! Da musste er durch, wenn er keine Schwindsucht riskieren wollte.
Bevor er das alles zu einem Stapel zusammenlegte, holte er noch den Kleinkram aus den Taschen. Schlüssel, Geldbeutel, Kleingeld. Dann endlich belebte ihn das warme Wasser, als es ihn komplett einhüllend überströmte.
Unterdessen schickte sich seine Wohltäterin an sein Zeugs in die Waschmaschine zu stopfen.
"Wolltest du schwimmen gehen?", rief sie ihm durch das Prasseln der Dusche zu. "Ich meine, wegen dem Singlet."
Die Frage galt wohl seinen Badeanzug.
"Ich hatte mir zumindest die Option darauf freigehalten", trat er die Flucht nach Vorne an. "Mir war nicht klar, dass das Meer hier im Sommer dermaßen kalt ist."
"Ach, innerhalb der Bucht ist es gar nicht so kühl", meinte sie als die Waschmaschine anlief. "Erst weiter draußen friert man. Aber dein Swimsuit hätte dir nicht geholfen. Du solltest besser einen Ganzanzug nehmen, hier gibt es nämlich einige fiese Quallen."
Das hatte er ganz vergessen. In den Gewässern hier lebten einige Meeresbewohner, die sich mit unangenehmem Nesselgift zu schützen wussten. Da hätte er sich keine großen Sorgen wegen des Badeanzugs machen brauchen. Großflächige Körperverhüllungen sind hier wohl nicht ungewöhnlich. Zudem war es ja auch der schlichte, Grau gestreifte mit geschlossener Rückenpartie, der schon mehr in Richtung Wettkampfanzug tendiert.
"Wenn du fertig bist", rief sie, "komm zu mir in die Küche. Einfach rechts und dann wieder links."
Joanie schmunzelte als sie ihn in den legeren Sportsachen ihres Mannes sah. Er wirkte als hätte ihn die heiße Dusche einlaufen lassen. Zum zweiten Mal an diesem Tag war er vom ertrinken bedroht, dieses mal jedoch durch Baumwolltextilien.
"Was soll´s", meinte er und sah dabei an seinem Schlabberkörper herab, der wie in einem Kartoffelsack hing. "Zumindest ist es warm und bequem."
Er setzte sich an den großen Küchentisch aus blank gescheuertem Holz und trank gierig von dem Wasser, das sie ihm anbot.
"An Sela liegen die Sachen viel enger an", witzelte sie. "Fast wie dein Singlet." Dabei zwinkerte sie ihm kaum merklich zu.
Hatte etwa eine völlig fremde Frau auf der anderen Seite des Erdballs, die ihn erst wenige Minuten kannte ihn bereits durchschaut? Er beschloss fürs Erste nicht weiter darauf einzugehen. Statt dessen hatte er Gelegenheit seine Gönnerin näher zu betrachten, während sie anscheinend die Vorbereitungen für ein Abendessen traf.
"Du heißt Steven?"
"Stefan", korrigierte er. "German".
"Dann Kia Ora, Stefan" begrüßte sie ihn nun offiziell in der Sprache der Maori. Eine Floskel die jedoch auch allen anderen Kiwis geläufig war.
Auch in ihr steckten die Gene der Ureinwohner, doch im Gegensatz zu Sela hatten sich ihre Erbanlagen bereits über mehrere Generationen mit denen der weißen Siedler vermischt. Sie vereinte sowohl frauliches, als auch mädchenhaftes in sich. Die glatte Karamellhaut machte ihr rundliches Gesicht sofort sympathisch. Ihre Kleidung glich einer Farbexplosion. Sie trug ein Tank-Top in siebziger Jahre Batik-Design, dessen Farbvielfalt an Jamaika oder andere Südseegebiete erinnerte über einem gleichermaßen bunten Lycrabody. Oder war es ein Badeanzug? Dazu ein ebenso farbenfrohes Stirnband, welches sich nach hinten mit ihren dunklen, lockigen Haaren verflocht. Noch interessanter jedoch fand er ihr Beinkleid. Auch wenn ihr Körper etwas ausladender und kurviger war, wirkte die eng anliegende Hülle sehr attraktiv.
Gerade fiel ihm ein, dass er nicht einmal wusste ob hier der Ausdruck "Leggings" gebräuchlich oder gar verständlich war. Doch genau das war es. Leicht seidig schimmernde Leggings mit unzähligen bunten Farbflecken, ähnlich ihrem Top. Wahrscheinlich nannte man sowas hier "Slacks" oder so.
"Jetzt mal raus mit der Sprache", riss sie ihn aus seinen Überlegungen. "Wie kommt´s dass du ein unfreiwilliges Bad in der Ngawai Bay genommen hast?"
"Ngawai?", stutzte er, "ich dache es heißt Helena."
"Helena- Bay ist der Name der Ortschaft", erklärte sie, "Ngawai ist die Meeresbucht."
Stefan seufzte tief und ausladend. "Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll."
"Dann geht es bestimmt um eine Frau, habe ich Recht?"
Er nickte und musste grinsen.
Ja, dachte er, sie hat mich durchschaut.
Teil II